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Fadenalgen Fluch oder Segen?

Eigentlich jeder Gartenteichbesitzer hat schon einmal mit ihnen zu tun gehabt - Fadenalgen. Für viele ist ihr Vorkommen im Gartenteich ein großes Übel. Mancher spricht von einer Pest. Die Besitzer übersehen jedoch, dass etwa die Teichfische ohne die Algen bereits an zu starker Wasserverschmutzung gestorben wären. Schon lange ist die weltweite Verbreitung fädiger Grünalgen der Familie Zygnemataceae bekannt. Sie können in Süß- und Brackgewässern, ja selbst in der Antarktis nachgewiesen werden. Einige Arten besiedeln verschiedene Habitate meist Flachseen. Weiher und Teiche oder gering strömende Bereiche fließender Gewässer mit einer großen pH-Wert-Toleranz. Eine Gewässerversauerung fördert offenbar die Ausbreitung der meisten Arten. Anliegen dieses Beitrages soll sein, das Verständnis für die Fadenalgen zu wecken und einige Hinweise über die Ursachen des Auftretens sowie vielleicht einige Tipps zur Vermeidung von Algenproblemen zu geben.

Über die Familie Zygnemataceae

Der Familie Zygnemataceae werden unverzweigte, fädige Grünalgen der Abteilung Chlorophyta zugeordnet, die sich sexuell vermehren. Zur Familie gehören mindestens 13 Gattungen mit knapp 800 Arten. Nach ihrer Morphologie, Chemie, Ernährungsweise und der Lichteinstrahlung in das Gewässer und der sich daraus ergebenden Zonierung können diese Fadenalgen den folgenden Wachstumsformen zugeordnet werden:
Periphyton - mikroflorale Gemeinschaft, die auf den Oberflächen submerser (= untergetauchter) Objekte oder Substrate lebt, welche jedoch nicht Pilze, Bakterien und Protozoen sowie weitere tierische Komponenten umfasst. Die Substrate können anorganisch oder organisch sein. Metaphyton - Mengen von fädigen (=filamentösen) Algen, die mit Bodensubstraten verbunden sind. Diese Algen können auch lockere Matten, Flocken oder Wolken bilden, die auf dem Boden, liegen oder über dem Boden treiben. Makrophyton - besteht prinzipell aus aquatischen Gefäßpflanzen, schließt aber auch aquatische Moose, Kräuter, Farne und größere Mengen Makroalgen mit ein. Die Zuordnung der Fadenalgen zum Peri- oder Metaplankton ist nicht immer eindeutig, denn je nach den Bedingungen können verschiedene Übergangsstadien auftreten. In geringen Wassertiefen kommt es durch das intensive Algenwachstum bei gleichzeitig hoher Sauerstoffproduktion (Bläschen) außerdem zum Aufsteigen von Algenmatten an die Wasseroberfläche.

Vorkommen von Fadenalgen

Fadenalgen kommen in allen neutralen bis sauren Gewässern vor. In basischen Gewässern sind sie wesentlich seltener. In versauerten Gewässern haben die Algen mit einem begrenzten Angebot von Kohlendioxid für die Photosynthese zu kämpfen. Unter 2 m Wassertiefe existiert kaum noch eine metaphytische Bedeckung. Die Biomasse der Fadenalgen verhingert sich mit der Abnahme des Lichtangebotes.

Nährstoffe beeinflussen das Fadenalgenwachstum

Ein veränderter Kreislauf von verschiedenen Komponenten wie Eisen, Schwefel, Kohlenstoff und Stickstoff kann zu Veränderungen physikalischer Größen wie Lichtklima (Wassertrübung), Schichtung (Temperatursprünge) oder Substratverfügbarkeit (Eisenoxidablagerungen) im Gewässer führen. Im Vergleich zur Versauerung durch Regenwasser ist die Konzentration durch Ausspülungen aus sauren Gesteinen und Böden wie z.B. Grauwacke wesentlich höher. Deshalb dürfen solche Gesteine nicht zur Gartenteichdekoration benutzt werden. Kohlenstoff wurde z.B. für Seen als begrenzend für die Primär-produktion an fädigen Grünalgen ermittelt. CO2 wird je nach Oberflächenbewegung mehr oder weniger an der Wasseroberfläche gelöst. Mit zunehmender Versauerung nimmt die Löslichkeit ab. Zusätzlich wirken dichte Algenmatten auf dem Grund sowie fehde Wasserbewegungen hemmend auf die CO2-Diffusion. Alleinige Zugaben von Stickstoff (N), Phosphor (P) oder von beiden (N+P) ohne CO2 führten in Experimenten zu keiner Stimulation des Algenwachstums. Stickstoff kann als Nitrat (NO3 ) oder Ammonium (NH) von den Algen aufgenommen werden, Ammonium wird dabei bevorzugt. Phosphor wird im Wasserkörper zu großen Teilen über die gelösten Metalle ausgefällt, es wird auch nur in kleinen Mengen benötigt. Neben der Limitation an Nährstoffen kann die Algenproduktion licht- und temperaturlimitiert und damit jahreszeitlich verschieden sein. Licht kann für Fadenalgen ein wachstumsbegrenzender Faktor sein. So wurde beobachtet, dass Licht in versauerten, flachen Weichwasserseen in Verbindung mit der Kohlenstofflimitation zur Verbesserung des Lichtklimas führt und für fädige Grünalgen ein wachstumsbegrenzender Faktor ist. Fadenalgen kommen über eine große Spanne an Wassertemperaturen vor. Sie besiedeln sowohl kalte antarktische Ströme als auch warme Thermalquellen. Eine Abhängigkeit des Wachstums und der Photosynthese von der Temperatur ist jedoch nur für einzelne Algenarten bekannt. Offensichtlich können sich einzelne Arten über ihre unterschiedlichen Temperaturoptima im Jahresverlauf im Gewässer abwechseln. Fadenalgen bevorzugen offensichtlich strömungsärmere Gewässerbereiche. Dennoch kann eine moderate Wasserbewegung die Ausbreitung bodenbezogener Fadenalgen erhöhen, indem die Grenzschicht um die Algenzellen verringert wird und sich damit die Diffusion von Nährstoffen und Abfallprodukten erhöht. Die Wasserbewegungen erhöhen somit die Effizienz der Fadenalgen, gelösten Kohlenstoff (CO2) zu absorbieren.

Lebewesen und Fadenalgenwachstum

Diese Einflussfaktoren sind nicht immer eindeutig von den physikalischen und chemischen Einflüssen zu trennen. Vor allem Gastropoden (Schnecken) und Crustacea (Kleinkrebse wie Gammariden, Copepoden, Daphnien) spielen in heimischen Gewässern neben einigen Fischarten (Nase, Rotfeder, Döbel) und Pflanzen fressenden Kaulquappen sowie Insektenlarven eine entscheidende Rolle für das Auftreten von Fadenalgen. Bei sinkendem pH-Wert fehlen zuerst die ersten beiden Artengruppen, da sie Kalzium für den Außenskelettaufbau benötigen, der in sauren Gewässern nicht vorhanden ist. Es kommt zur Algenexplosion. Pflanzen fressende Karpfenfische allein können in Gewässern mit einem pH-Wert von 5,6-5,9 die Fadenalgen nicht vollständig wegfressen. Eine Zunahme von Algenbiomasse könnte eine Konsequenz der verringerten Aktivität der höheren Wasserpflanzen und anderer Algen sein, mit einem Verhältnis Wachstum zu Abbau, welches die Algen begünstigt. Die Balance zwischen den verschiedenen Populationen im Periphyton könnte zu einer Veränderung des Nährstoffkreislaufes führen und zur Verringerung der Konkurrenz für eine bestimmte Algenart.

Besonderheiten der Fadenalgen

Fadenalgen scheiden große Mengen schleimiger Substanzen aus, die eine Besiedlung durch epiphytische Algen verhindern. Das Metaphyton ist durch das Flotieren auch physisch für viele im wasserlebende Organismen (z.B. bodenlebende Mückenlarven) nicht erreichbar. Deshalb treten unter den Bedingungen einer geringen Konzentration gelösten, Kohlenstoffs und des geringen Fraßdrucks größere Bestände fädiger Grünalgen als Ergebnis der Konkurrenz mit anderen Arten auf.
Zygnemataceae-Arten zeigen eine von anderen Pflanzen abweichende Chloroplastenbewegung und sind so an wechselnde Lichtverhältnisse im Gewässer besser angepasst. Bei der sogenannten "Schwachlichtstellung" sind die Chloroplasten senkrecht zur Einfallsrichtung des Lichts angeordnet. Bei der "Starklichtstellung" wandern sie an die zur Lichtrichtung parallel verlaufenden Zellwände. Die Chloroplasten sind damit entweder gleichmäßig über die ganze Zelle verteilt oder sie sammeln sich um den Zellkern. Einige Algen haben noch speziellere Anpassungen entwickelt. Bei Mougeotia z.B. dreht sich der linsen- bis plattenförmige Chloroplast bei geringer Beleuchtungsstärke mit der gesamten Fläche, bei starker Beleuchtung nur mit der Kante der einfallenden Strahlung zu. Die Vermehrung durch Konjugation unterscheidet die Zygnemataceae von allen anderen Grünalgen. Die häufigste ist die sogenannte Scalari-Form, bei der sich Zellen angrenzender Filamente über Konjugationsschläuche beteiligen. Seitliche Konjugation zwischen angrenzenden Zellen in einem Filament ist weniger verbreitet, kommt aber bei Mougeotia, Spirogyra, Zygnema und Zygogonium vor. Die Zygosporen werden dann durch Zerfall der Zellwände der Mutteralge freigesetzt und treiben im Plankton oder fallen zu Boden.

Die ökologische Bedeutung der Fadenalgen

Binnengewässer in Mitteleuropa leiden zunehmend unter einer Gewässerversauerung, induziert durch die zunehmend sauren Niederschläge. Auch Gartenteiche werden oft von saurem Regenwasser aus der Dachrinne gespeist. Die Fütterung der Teichfische trägt über Abbauprozesse zur weiteren pH-Wert-Senkung bei. Das durch Versauerung induzierte Wachstum der Fadenalgen in Seen und auch im Gartenteich ist sehr wahrscheinlich ein vorwiegend durch die Wassertemperatur gesteuertes, saisonales Phänomen, in denen die Maximalvorkommen von Gewässer zu Gewässer und von Jahr zu Jahr stark schwanken können. Während Kieselalgen (Bacillario-phyceae) schon seit langem zur pH-lndikation genutzt wurden, wurden die fädigen Grünalgen erst deutlich später mit der Versauerung von Gewässern in Verbindung gebracht. Insbesondere die Arten der Gattung Zygogonium sind säure-anzeigende Indikatorarten, die eine breite Säuretoleranz besitzen. Fädige Grünalgen haben einen wichtigen Einfluss auf die Nährstoffkreisläufe (Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor) und teilweise auf die Ablagerung der Nährstoffe. Sie können erheblich zur Kohlenstoffanhäufung im Bodenbereich des Teichs beitragen. Welche Bedeutung den Algen als Substrat und Nahrungsgrundlage für wirbellose Organismen zukommt, ist über ein große Spanne der besiedelten pH-Wert-Bereiche und den jeweiligen Gewässertyp und angesichts der noch nicht restlos aufgeklärten physiologischen Anpassungen der Zygnemataceae noch nicht hinreichend bekannt. Im Gartenteich kann man der Versauerung und damit der Fadenalgenproduktion etwas entgegenwirken, indem man das Regenwasser vor dem Einleiten über Kalkgestein etwas aufhärtet. Dabei ist es vor allem wichtig, die Karbonathärte anzuheben, die Gesamthärte beeinflusst den pH-Wert praktisch nicht. Dazu können Sie langsam kleine Menge käuflicher Präparate zugeben. Eine direkte Kalkung würde ich aufgrund der geringen Wassermengen und der großen Schwankungen der Wasserparameter für einen Gartenteich nicht empfehlen. Dann sollten Sie lieber Kleinkrebse wie Wasserflöhe und Gammariden oder pflanzenfressende Fische einsetzen. Oder sie entfernen die Algen ganz einfach mit einem aufgerauten Holzstab, indem dieser in den Algenfäden gedreht wird und die Algen wie auf eine Spindel auf windet. Wem das zu kompliziert ist, findet im Fachhandel auch Geräte wie die Algenhexe, die die Beseitigung von Fadenalgen deutlich erleichtern.


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