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Grüne Oasen auf dem Dach - Teiche auf begrünten Dächern

Grünflächen sind in unseren dicht bebauten (Groß-)Städten rar und die Grundstückspreise haben teilweise unerschwingliche Dimensionen angenommen. Vor allem in Ballungszentren spitzt sich die Lage zu: Lärm, Hitze, Staub, Straßenverkehr und der Anblick grauer Gebäude stellen ein nicht unerhebliches Stresspotenzial dar, dem der Mensch nur zu gerne entfliehen möchte. Ein möglicher Lösungsansatz ist die Nutzung von Gebäudedächern durch Dachbegrünungen. Im Folgenden sollen die Funktionen von Dachbegrünungen kurz angeführt, Planungsgrundlagen angesprochen und die Möglichkeiten, Teiche auf das Dach zu bringen, dargestellt werden.

Bildquelle: koi-stuttgart.de
 

Vorteile einer Dachbegrünung

Dämmung im Winter und Hitzeschutz im Sommer Längere Lebensdauer der Dachabdichtung durch Schutz vor Extremtemperaturen und Witterungseinflüssen
Verbesserung der Luftschalldämmung und Minderung der Schallreflexion Verbesserung des (Klein-)Klimas durch Verdunstungsleistungen Bindung und Filterung von Staub und Luftschadstoffen Zusätzliche Nutzflächen für den Menschen bei Intensivbegrünungen Regenwasserrückhalt (je nach Region und Gründach 30-99 % des Jahresniederschlags) Reduzierung der Abwassergebühren als anerkannte ,,Entsiegelungsmaßnahme” Minimierung der Niederschlagsabflussspitzen Ökologische Ausgleichsfläche bei der Eingriff-Ausgleichs-Regelung nach Bundesnaturschutzgesetz Verbesserung des Arbeits- und Wohnumfelds für den Menschen Großflächig einsetzbares Gestaltungselement der Städte- und Landschaftsplaner.

Allgemeine Planungsgrundlagen

Extensivbegrünungen sind naturnah angelegte Vegetationsformen, die sich weitgehend selbst erhalten und weiterentwickeln. Es werden Pflanzen mit besonderer Anpassung an die extremen Standortbedingungen und mit hoher Regenerationsfähigkeit verwendet. Die weitestgehend geschlossenen, flächigen Vegetationsbestände werden aus Moosen, Sukkulenten (Sedum-Arten), Kräutern und Gräsern gebildet. Die Höhe des Schichtaufbaus beträgt etwa 8-15 cm. Extensivbegrünungen sind auf flachen und geneigten Dächern möglich. Die geringe Wortung beschränkt sich auf ein bis zwei Kontrollgänge im Jahr, die ggf. Pflegegänge nach sich ziehen können. Intensivbegrünungen umfassen Pflanzungen von Stauden und Gehölzen sowie Rasenflächen und Bäumen. ln den Möglichkeiten der Nutzungs- und Gestaltungsvielfalt sind sie bei entsprechender Ausstattung mit bodengebundenen Freiräumen vergleichbar. Intensivbegrünungen sind in der Regel nur auf Flachdächern sinnvoll. Die verwendeten Pflanzen stellen hohe Ansprüche an den Schichtaufbau und an die regelmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung. Die Höhe des Gesamtaufbaus beträgt etwa 25-100 cm. Diese Begrünungsform ist nur durch regelmäßige Pflege dauerhaft zu erhalten. Für Dachabdichtung und Dachbegrünung sind folgende Regeln und Richtlinien grundsätzlich zu beachten:
ZVDH (2003): Regeln für Dächer mit Abdichtungen (Flachdachrichtlinie)
FLL (2002): Richtlinien zur Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen (Dachbegrünungsrichtlinien)
• FLL, FBB, ZVDH, BGL (2002): Hinweise zur Pflege und Wartung begrünter Dächer
Die wichtigsten Planungspunkte sollen im Folgenden kurz angeführt
werden.

Wurzelschutz

Die Dachabdichtung bzw. die Wurzelschutzbahn muss ,,wurzelfest nach
FLL" sein. Es gibt ein Prüfverfahren der FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau) auf Durchwurzelungsfestigkeit, für das es offizielle Prüfzeugnisse gibt Dabei wird in einem genau definierten zwei- oder vierjährigen Untersuchungsverfahren die Wurzelfestigkeit und ggf. Rhizomfestigkeit überprüft. Sollte die Dachabdichtung nicht wurzelfest nach FLL sein, müssen ein Trennvlies und eine geprüfte Wurzelschutzbahn verlegt werden.
Eine aktuelle Übersichtsliste der geprüften Bahnen und Beschichtungen ist zu finden bei der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB) unter www.fbb.de . Begrünte Dachflächen sollten vollflächig mit Wurzelschutz unterlegt werden, d.h. auch die Bereiche, die nicht direkt begrünt sind (wie z.B Kiesrand, Terrasse). Denn bei fehlender bzw. mangelhafter Pflege können sich auch bei vormals unbegrünten Teilflächen Pflanzen spontan ansiedeln.

Zusätzliche Flächenlast

Extensivbegrünungen wiegen in der Regel 80-170 kg/m2, bei, “Leichtdachbegrünungen” sogar nur etwa 40 kg/m2 . Intensive Dachbegrünungen haben Flächenlasten ab ca. 300 kg/m2 . Die Angaben beziehen sich auf den wassergesättigten Zustand mit Vegetation. Schneelast und Verkehrslast bei genutzten Dächern sind gesondert zu berechnen.

Pflanzenauswahl

Für die extensive Dachbegrünung eignen sich nur Pflanzen, die den Extremtemperaturen angepasst sind und Trockenheit vertragen. Die Pflanzen können auf verschiedene Arten auf dem Dach ausgebracht werden: als Saatgut, Sprossen (Pflanzenteile), Flachballenstauden oder Vegetationsmatten. Je nach Situation bietet sich die eine oder andere Möglichkeit an. Für Intensivbegrünungen können eine Vielzahl an mehrjährigen Stauden, Bodendeckern und Gehölzen in Frage kommen, die auch im ebenerdigen Garten verwendet werden, jedoch sollten angesichts des Standortes frostunempfindliche Arten verwendet werden.

Wasserflächen auf dem Dach

Seit Beginn der professionellen Dachbegrünung in den 70er-Jahren werden auch Wasserflächen und Teiche auf dem Dach angelegt. Sie dienen neben Pflanzbeeten, Terrassen und Sitzgelegenheiten als willkommene Auflockerung und Blickfang. Doch der Einsatzbereich beschränkt sich nicht nur auf intensive Dachbegrünungen. Auch bei Extensivbegrünungen werden immer wieder einfache Wasserflächen zur Erhöhung der Strukturvielfalt vorgesehen. Von einfachen Vogeltränken bis zu Pflanzenklaranlagen gibt es alle Formen von Wasserflächen auf dem Dach. Folgende Funktionen können diese Wasserflächen erfüllen
* Optische Aufwertung
* Erhöhung der ökologischen Wertigkeit
* Erweiterter Lebensraum für Tiere
* Erhöhter Rückhalt von Niederschlagswasser
Erhöhte Verdunstungsleistung und Kühleffekte

Saisonale Wasserflächen auf dem Gründach

Einfache Wasserflächen mit einem Wasserstand von etwa fünf bis 20 Zentimetern werden vor allem bei Extensivbegrünungen angelegt, um deren Strukturvielfalt und damit die ökologische Wertigkeit zu erhöhen oder um bei einsehbaren Dachflächen dem Betrachter einen noch schöneren Anblick zu bieten. Obwohl die Wasserflächen bei lang anhaltender Trockenzeit austrocknen, finden Insekten und Voge! zumindest eine gewisse Zeit Wasser und bei günstigem Witterungsverlauf können sich sogar Libellen vermehren. So wurde dies beispielsweise auf einem extensiven Gründach mit Anhügelungen in Stuttgart beobachtet. Auf 350 m2 Gründach wurden insgesamt drei kleinere Teiche in einer Größe von jeweils etwa 10 m2 angelegt. Die Wassertiefe betrug etwa maximal 20 cm. Bei einer faunistischen Bestandsaufnahme konnten auf diesem Gründach drei Libellenarten erfasst werden, sowohl als erwachsene Tiere als auch als Larven im Wasser. Auch die bei uns immer seltener werdenden Distelfinken konnten beim Trinken beobachtet werden. Sogar eine Wildente suchte die Wasserflächen des Gründachs regelmäßig zur Nahrungssuche auf. Der Aufbau und die Anlage derartiger „Miniteiche" ist einfach: Da die umgebende Dachbegrünung auch nur etwa 10 cm Aufbauhöhe umfasst, werden auf einer Schutzlage aus Vlies oder Bautenschutzmatte auf der wurzelfesten Dachabdichtung Randeinfassungen gesetzt und fixiert. Um organische Formen zu erhalten, bieten sich beispielsweise flexible Dränrohre an, die dann mit einer Abdichtungslage, Wurzelschutzbahn oder Teichbahn überbaut werden. Durch die Randaufkantung der Dränrohre und das Auskleiden mit einer wasserdichten und UV-beständigen Bahn entsteht eine eingefasste Wasserfläche. Solche Konstruktionen sind mit geringem Aufwand umsetzbar und haben kein hohes Gewicht, was bei einer Dachbegrünung meist zu beachten ist. Bei möglicher höherer Statik können die Teichränder auch mit Ortbeton modelliert und ebenfalls mit Teichfolie ausgekleidet werden. Auf die Teichbahn werden ein Schutzvlies und Kies als Bodengrund in dünner Schicht verlegt. Typische Wasserpflanzen können bei den niedrigen Wassertiefen nicht verwendet werden, jedoch wasserliebende Pflanzen von Teich- und Seerändern wie beispielsweise Blutweiderich, Seggen, Sumpfdotterblume, Froschlöffel und Wasserminze. Zur Befüllung der Wasserflächen wird kein Frischwasser verwendet. Sie füllen sich durch natürliche Niederschläge und fallen bei längeren Trockenperioden wieder trocken.

Teichanlagen auf dem Gründach

Intensivbegrünungen lassen aufgrund ihrer höheren Schichtaufbauten von etwa 30-50 cm dementsprechend auch tiefere Teiche zu. Der Aufbau des Teichs ist grundsätzlich wie oben beschrieben: Randeinfassung und Auskleidung durch Teichfolie, wobei hier die Teichrandausbildung beispielsweise durch Ortbeton, Faserzement-Randelemente oder Beton-L-Steine erfolgt. Die Teichfolie wird in der Regel über den Rand hinausgezogen und dekorativ überbaut. Bei tieferen und größeren Teichen auf Intensivbegrünungen werden wie bei Teichen im ebenerdigen Garten Ufer- und Randzonen eingerichtet. Nach der standortspezifischen Bepflanzung mit geeigneten Wasserpflanzen ist der Teich auf dem Dach vom Teich im Garten nicht mehr zu unterscheiden. Seerosen wie auch Goldfische tummeln sich nun im Teich auf dem Dach und eine Terrasse in unmittelbarer Nähe lädt zum Verweilen ein. Es gibt dennoch zwei beachtenswerte Unterschiede zwischen Dach- und Bodenstandort: die auf dem Dach erhöhte Verdunstungsrate und die höhere Hitzeeinwirkung. Die Verdunstung muss gegebenenfalls durch eine erhöhte Frischwasserzufuhr ausgeglichen werden. Die auf dem Dach erhöhte Sonneneinstrahlung und die damit bei fehlender Beschattung verbundene Erhöhung der Wassertemperatur kann ein verstärktes Algenwachstum zur Folge haben. Durch die höheren Temperaturen werden Phosphate, die den Algen als Nährstoffe dienen, frei. Entgegenwirken kann man durch die Verschattung des Teiches und eine sauerstoffanreichernde Bewegung des Wassers.

Pflanzenkläranlagen, Wasserkühlsysteme und Swimmingpools auf dem Dach

Extreme Formen von Wasserflächen auf dem Dach sind bisher eher selten, dennoch erwähnenswert - Wasserkühlsysteme und Pflanzenkläranlagen. Schon vor einigen Jahren hat sich ein Apfelweinhersteller die Kühlleistung der Dachbegrünung zu Nutze gemacht. Das Pflanzendach von immerhin 3000 m2 Größe dient zur Rückkühlung des Kühlwassers der Kältemaschinen, die die hergestellten Getränke kühl halten. Durch diese Kühleffekte der Dachbegrünung kann jährlich viel Energie eingespart werden. Erst kürzlich gab es einen Umweltpreis für ein neuartiges Dachbegrünungssystem, bei dem Schmutz und Regenwasser durch die Begrünung geleitet und durch Repositionspflanzen bei jedem Durchfluss gereinigt werden. In Abhängigkeit von der Witterung können dabei große Wassermengen verdunstet und die Kläranlagen entlastet werden. Durch die Verdunstungsvorgänge erhöht sich die Luftfeuchtigkeit in der unmittelbaren Umgebung und sorgt im Sommer für eine angenehme Kühlung. Noch seltener als oben genannte Kühl- und Klärsysteme sind nutzbare Pools auf dem Gründach. Doch auch sie gibt es: in Edelstahl oder in länglicher Bahnenform - gesehen auf einem exklusiven Dachgarten im Raum Stuttgart und mitten in Berlin.

Zusammenfassung

Einfache Wasserflächen als Vogeltränken und Teiche vergleichbar mit den ähnlichen Anlagen auf einem ebenerdigen Standort sind auch auf dem Dach möglich. Diese zu erstellen, gehört zum Aufgabengebiet des Garten- und Landschaftsbaus, der sich in diesem Spezialfall auch gut in der Dachbegrünung auskennen muss. Fachgerecht angelegte Gründächer mit Teichen halten, wie Beispiele zeigen, jahrzehntelang und erfreuen nicht nur ihre Besitzer, sondern auch ihre zahlreichen Besucher durch ihre ungewöhnliche Lage und die positiven Effekte. Dr. Günter Mann ist Vorsitzender der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung und Mitglied im FLL-Arbeitskreis Dachbegrünung.


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