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Giftpfeile im Teich, die vielköpfige Hydra verspritzt tödliches Nesselgift

Giftpfeile im Teich

Die vielköpfige Hydra verspritzt tödliches Nesselgift

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Nesselgift der Hydra ist tödlich, aber nur für kleine und kleinste Wasserbewohner. Wir merken es nicht einmal, wenn wir diese Winzlinge berühren. Die Haut selbst von Kindern ist für die kleinen Giftpfeile viel zu dick und kann sie nicht durchdringen bzw. wir merken nichts davon. Kleine Wassertiere wie Krebschen, aber auch Insektenlarven dagegen sind durch diese nesselnden Polypen gefährdet.

Die vielköpfige Schlange

Der Name Hydra für diese Tiere hätte nicht besser gewählt werden können. Er beruht auf einer Figur aus der griechischen Sagenwelt. Die Lernäische Wasserschlange hatte neun Köpfe. Zu den zwölf Aufgaben des Heracles gehörte es, diese Schlange zu besiegen. Aber für jeden abgeschlagenen Kopf wuchsen ihr zwei neue nach, bis Heracles den mittleren, unsterblichen, nach dem Abschlagen mit einer Fackel am Nachwachsen hinderte. Hydra ist nichts anderes als die griechische Übersetzung von Wasserschlange und tatsächlich sind die Übereinstimmungen groß. Doch davon später mehr.

Aufbau

Hydra gehört zu den Süßwasserpolypen und diese wieder zu den Hohltieren. Darin gehören sie zum Stamm der Cnidaria, Nesseltiere. Zu den überwiegend im Seewasser zu findenden Verwandten gehören Quallen, Korallen und Seeanemonen. Die Seeanemonen, vielen zumindest aus Schauaquarien bekannt und gelegentlich als Blumentiere bezeichnet, sind fast jedem spätestens seit Nemo als Fischheimat geläufig; auch mit Quallen hat so mancher Badegast am Meeresstrand gelegentlich recht unliebsame Erfahrungen gemacht. Korallen sind die vielleicht nächsten Verwandten.
Die Hohltiere haben einen ähnlichen Aufbau. Zentral ist der verdauende Hohlraum, vor dem die Mundöffnung sitzt. In diesem “Sackdarm” finden nicht nur Verdauungsprozesse statt, sondern es wird auch der Nährstofftransport zu den anderen Zellen initiiert, denn ein Blutsystem haben die Hohltiere nicht. Unverdauliche Nahrungsreste werden über die Mundöffnung wieder ausgeschieden. Am Unterrand des Hohlraums sitzt die Fußscheibe, mit der Hydra sich auf dem Untergrund festklammert. Das heißt aber nicht, dass sie sich nicht fortbewegen kann, in der Art einer Spannerraupe kann sie ganz erhebliche Distanzen zurücklegen.
Der Hohlraum ist von zwei Hautschichten umgeben. Dazwischen liegen an bestimmten Stellen die Spermien im Hoden sowie die Eizellen im Ovarium. Hydra sind Zwitter und können sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich vermehren.
Das Innere des Hohlraums ist wassergefüllt. Dadurch kann Hydra ihre Gestalt verändern, sich verlängern oder, wenn ein zu großer Druck auf den äußeren Sinneszellen eine mögliche Gefahr signalisiert, auch zusammenziehen. Bei Reizung etwa mit einem Holzstückchen kann man das leicht beobachten. Im Normalzustand erreicht der Darmsack etwa 1 cm Länge.

Tentakel

Um die Mundscheibe herum sitzen die vier bis zwölf, meist sechs bis acht Tentakel. Die manchmal bis zu 20 Tentakel bei einzelnen Exemplaren beruhen auf einer immer wieder auftauchenden Mutation. Auf diesen Tentakeln sitzen zwei verschiedene Typen von Zellen: Sinnes- und Nesselzellen. Wenn die Sinneszellen den Kontakt mit einer Beute melden (genauer, mit einem Gegenstand, ob es wirklich eine Beute ist, kann Hydra mangels Augen nicht erkennen), werden über die Nesselzellen aus den Nesselkapseln kleine Nesselfäden herausgeschleudert, die das Nesselgift enthalten. Die Geschwindigkeit des Ausstoßens ist so hoch, dass selbst ein Wasserflohpanzer durchschlangen werden kann. Das Nesselgift lähmt die Beute, die Tentakel ziehen dann die Beute in die Mundöffnung, die durch Einreißen stark vergrößert werden kann, aber schnell wieder verheilt. Im Hohlraum wird die Beute dann verdaut, die unverdaulichen Teile wie Chitin aus dem Panzer von Kleinkrebsen oder Mückenlarven werden wieder ausgespieen.

Regenerationsfähigkeit

Die Übereinstimmung zwischen dem Süßwasserpolyp Hydra und der Wasserschlange der griechischen Sage findet sich in der geradezu unglaublichen Regenerationsfähigkeit, die dann auch zum wissenschaftlichen Namen führte. Der Süßwasserpolyp besteht zu 75% aus sogenannten I-Zellen. Nur 300 dieser Zellen, in denen sich die sehr ursprünglichen Nervenverbindungen finden, reichen aus, um daraus wieder einen vollständigen Polyp entstehen zu lassen. Die I-Zellen bilden sich immer nach und machen Hydra dadurch praktisch zu einem unsterblichen Lebewesen.

Fortpflanzung

Dass sich die Süßwasserpolypen geschlechtlich fortpflanzen können, wurde bereits beschrieben. Aber die ungeschlechtliche Fortpflanzung ist der Regelfall und sie kann auch mit bloßem Auge beobachtet werden. Die überschüssigen I-Zellen führen zu Ausstülpungen am Zentralkörper, aus denen sich neue Polypen bilden. Haben sie fast die Größe ihres Elterntiers erreicht, verlassen sie es und siedeln sich mit ihrer Fußscheibe an andrer Stelle an. Ist ausreichend geeignete Nahrung vorhanden, können sich ganze Polypenrasen bilden. In Konkurrenz mit anderen kleinen Räubern wie Libellenlarven wird die Zahl jedoch überschaubar bleiben.

Nahrung

Die Süßwasserpolypen fressen alles, was sie bewältigen können. Angesichts einer Tentakellänge von bis zu 25 cm bei einzelnen Arten kann das selbst Jungfischbrut sein. Alle anderen kleineren Fische können sich auch bei Kontakt mit dem Nesselgift losreißen, sind aber möglicherweise kurzfristig etwas betäubt. Ein mindestens halbwüchsiger Fisch ist mit dem Nesselgift nicht mehr zu beeindrucken, es sei denn, er kann ganzen Hydra-Kolonien etwa im Aquarium nicht ausweichen. Ansonsten sind es vor allem Wasserflöhe und Mückenlarven, die den gefräßigen Hohltieren zum Opfer fallen. Das lässt sich übrigens sehr gut in einem kleinen Aquarium beobachten, wenn man in seinem Gartenteich mit einem Pfahlkratzer oder anderen geeigneten Gerät Süßwasserpolypen gefunden hat.

Arten

Eingentlich gibt es im Süßwasser zehn Gattungen mit 16 Arten. Viele davon sind jedoch nur von Spezialisten anhand der Nesselkapseln zu unterscheiden. Die bei uns vorkommenden Süßwasserpolypen werden meist drei Arten zugerechnet.
Die am weitesten verbreitete Art wird als Hydra vulgäres, Gemeiner oder Brauner Wasserpolyp, bezeichnet. Da es aber mehrere, sehr ähnliche Arten gibt, sieht man auch oft die Bezeichnung Hydra sp. Dabei bedeutet “sp.” nur, dass es sich um eine nicht näher bestimmte Art aus dieser Gattung handelt. Im Gartenteich kommen neben Hydra vulgaris wohl auch noch H. circumcincta und H. oxycnida vor. Sie sind sich äußerlich ausgesprochen ähnlich und eben nur durch die Nesselkapseln zu unterscheiden. Die Länge liegt bei etwa 1 cm, die Tentakel können sogar etwas länger sein.
Etwas kompakter, aber mit äußerst interessanter Ernährungsweise stellt sich die Grüne Hydra, Hydra viridis (früher auch Hydra oder Chlorohydra viridissima) im Gartenteich nur selten ein. Sie braucht nährstoffarmes, klares, kühles Wasser, dann fühlt sie sich wohl. Die grüne Farbe rührt von eingelagerten Algen her, den so genannten Zoochlorellen, Gattung Chlorella. Sie liefern dem Polypen Sauerstoff und wahrscheinlich auch Zucker, erhalten dafür aber Stickstoff- und Phosphorverbindungen aus dem Verdauungssekret der Hydra. Damit handelt es sich um eine echte Symbiose. Die Tentakelzahl der Grünen Hydra ist meist etwas geringer als beim Gewöhnlichen Süßwasserpolyp.
Einer der ungewöhnlichsten Süßwasserpolypen, der vor allem in Norddeutschland im Schlamm und unter Steinen zu finden ist, ist der Graue Süßwasserpolyp, Pelmatohydra oligactis. Er hat neben einigen kräftigeren Testikeln, die direkt an der Mundscheibe stehen und für das feste Packen der Beute verantwortlich sind, einige sehr feine, dafür aber bis zu 25 cm langen Fangarme. In Gartenteichen wird man ihn kaum antreffen.

Gefährdung durch Hydra

Im Gartenteich sind nur Kleinlebewesen bis hin zu Fischbrut durch Hydra potenziell gefährdet. In einem ausgewogenen und ökologisch einigermaßen intakten Biotop werden die kleinen Polypen nie zur Plage. Sie haben natürlich Feinde und werden von manchen Schnecken und Fischen gefressen. Massenhaftes Vorkommen deutet auf Überdüngung hin, eine eventuelle Fütterung sollte dann unbedingt eingestellt werden.
Wer einmal ein besonderes Erlebnis haben will, sollte sich ein kleines Aquarium (oder ein größeres Einmachglas, in dem man das Wasser alle drei Tage zur Hälfte gegen frisches Teichwasser wechselt) einrichten, seinen Gartenteich auf Hydra untersuchen - nahezu jeder einige Jahre betriebene Teich enthält welche - und sie dann einfach mal beobachten. Sie werden es nicht bereuen!

 


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