Koivirus
Koivirus fordert Opfer
Seit etwa fünf Jahren wird in Deutschland in der warmen Jahreszeit bei Koi immer wieder ein Krankheitsbild beobachtet, das plötzlich auftritt, nur geringe äußere Krankheitserscheinungen bei den Fischen hinterlässt und bei schnellem Verlauf innerhalb kurzer Zeit ganze Koiteiche leer fegen kann: die Koiseuche.
Bekomme ich als Fachtierarzt für Fische im Sommer die Anfrage eines entsetzten Koiliebhabers, kann ein typischer Vorbericht so lauten: ,,Während wir für zwei Wochen in Urlaub waren, hat unser Freund und Nachbar, der sich ganz rührend um Teich und Fische kümmert, uns als Überraschung einen weiteren Koi gekauft und in den seit Jahren stabil funktionierenden Teich gesetzt. Kaum eine Woche wieder zurück stellen wir nun fest, dass ein Koi nach dem anderen urplötzlich die Flossen klemmt, apathisch unter den Seerosenblättern steht und nach wenigen Stunden, spätestens aber am übernächsten Tag stirbt. Bei einigen Fischen ist nur eine ganz leichte Hautrötung und Verschleimung zu sehen, andere wiederum sehen ganz grau belegt aus, noch andere Koi sehen äußerlich absolut unversehrt aus. Bei den beschuppten Koi fühlt sich die Haut richtig trocken, d.h ganz rau an. Auch die Kiemen sind ganz verschleimt und die Augen oft eingefallen (Enophthalmus). Mittlerweile sind die Wertvolleren unserer Koi schon gestorben und wir wissen uns keinen Rat. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen?“
Die Koiseuche wird durch ein Herpesvirus, das so genannte „Koi- Herpesvirus 1 " (KHV-1), hervorgerufen, das allem Anschein nach ursprünglich in ganzjährig warmen Regionen beheimatet ist. Die ersten Fälle der Erkrankung in Deutschland sind bei Koiimporten aus Israel aufgetreten, wo das Virus zum Teil große Verluste auch bei den Speisekarpfenbeständen hergerufen hat. Auch in anderen warmen Ländern, in denen Koi gezüchtet werden, ist das Virus aufgetaucht, Berichten zufolge z.B. in Ungarn, Malaysia, Taiwan und den USA.
In Mitteleuropa kennen wir die Krankheit mittlerweile seit etwa fünf Jahren. Nach anfänglichen Mutmaßungen über besonders pathogene (krankmachende) Bakterienstämme. Parasiten, mangelnde Wasserqualität etc. wurden schließlich mit aufwändigen elektronenmikroskopischen Untersuchungen die ersten Viruspartikel in den Haut- und Kiemenzellen erkrankter Koi gefunden. Das Virus ließ sich aber anfänglich nicht mit den üblichen Zelllinien vermehren, sodass eine weitere Untersuchung der Seuche nicht einfach war, man war immer auf frisch erkrankte Fische angewiesen.
Mittlerweile wurde in Kalifornien eine permanente Zellkultur etabliert, mit der das Virus näher erforscht werden kann. Ein besonderer Gesichtspunkt war hierbei die Absicherung der Diagnose bei einem zweifelhaften Fall. Auch hier wurden zuerst in den USA große Fortschritte gemacht, indem man ein spezielles Verfahren für KHV-1 etabliert hat, die sogenannte „PCR" oder Polymerase-Kettenreaktion. Bei diesem Verfahren gelingt der Virusnachweis auch noch aus verstorbenen Fischen, was allerdings nicht heißen soll, dass schon stark zersetzte Tiere zur Untersuchung eingeschickt werden sollten!
Die Koiseuche lässt sich nicht direkt heilen, man kann nur dazu raten, grosse Vorsicht beim Neubesatz walten zu lassen. Eine sorgfältige Quarantäne der Neuzugänge bei ca. 20°C mindestens drei Wochen in einem separaten Becken mit guter Wasserqualität hat sich noch immer bewährt. Dabei muss allerdings ein Koi aus dem Teich mitgehalten werden, um eine mögliche Ansteckung erkennen zu können. Bei Verdacht des Ausbruchs der Erkrankung muss zunächst die Untersuchung eines erkrankten oder allenfalls ganz frisch toten Koi erfolgen, da nur diese eine sichere Diagnose erbringen kann.
Hat man sich trotz aller Vorsicht die Krankheit eingeschleppt, haben die Koi die größten Überlebenschancen, wenn sie vor Begleitinfektionen (Parasiten, Bakterien), soweit möglich, gezielt geschützt werden. Gleichzeitig hat sich eine Temperaturabsenkung auf ca. 15°C als vorteilhaft erwiesen. Dann können durchaus 10-20 % des Bestandes oder mehr überleben. Sonst sterben meist alle Koi der Gruppe, gelegentlich überlebt auch nur der Neuzugang, über den die Erkrankung eingeschleppt worden war.
Die Möglichkeit der Übertragung ist noch nicht abschließend geklärt, wobei ein Neuzugang die größte Gefahr darstellt. Über frisch benutzte Kescher und Transportwasser jedoch ist die Erkrankung wahrscheinlich auch schon ausgelöst worden. Überlebende, gesund erscheinende Koi können das Virus allem Anschein nach übertragen. Nach Ausbrüchen in Deutschland und Kaltüberwinterung (4 - 6°C) im Außenteich ist jedoch im darauffolgenden Frühjahr die Seuche bisher nicht mehr aufgetreten, sehr wohl jedoch nach Überwinterung der überlebenden Fische in der warmen Innenhälterung!
Fazit: Größte Vorsicht mit strikter Quarantäne bei Neuzugängen! Vorsicht auf Koishows! Vorsicht beim Kauf von Koi aus unsicherer Herkunft. Ein seriöser Händler bezieht seine Fische nur mit sicherer Herkunft.