Winterharte Sonnentauarten im Gartenmoor
Der Sonnentau (Drosera) verdankt seinen Namen möglicherweise einer Fehlbeurteilung des Botanikers Henry Lyte, der 1578 schrieb: „...Selbst wenn die Sonne heiß und lange auf sie (die Sonnentaupflanze) herniederbrennt, wird man sie dennoch stets voll kleiner Wassertropfen finden. Je mehr dieses Kraut der Sonne ausgesetzt ist, desto mehr Feuchtigkeit schwitzt es aus und desto stärker betaut ist es also.“ 1791 hatte der englische Botaniker Erasmus Darwin zwar erkannt, dass Sonnentaupflanzen nicht Tau, sondern Schleim ausscheiden. Er ging aber davon aus, dass der ausgeschiedene Schleim die Blätter der Pflanze vor Insekten schützt. Zur gleichen Zeit machte der amerikanische Botaniker William Bartram die richtige Beobachtung, dass der Sonnentau mit seinen Leimausscheidungen Insekten in die Falle lockt. Allerdings erkannte er nicht, dass die Pflanze sich damit eine „Zusatzkost" verschafft. Erst 1875 erbrachte dann Charles Darwin in seinem Buch „Insectivorous Plants" den Nachweis, dass der Sonnentau eine „Fleisch fressende" Pflanze ist, die kleine Tiere fängt, um sie zu verdauen und einen Nährstoffmangel auszugleichen. Wie alle Fleisch fressenden Pflanzen oder Karnivoren (gelegentlich liest man auch Carnivoren) findet man den Sonnentau an extrem nährstoffarmen Standorten: Moore, Quellsümpfe oder nasse Sandböden. Hier herrscht akuter Mangel an Mineralstoffen wie Stickstoff, Phosphor oder Kalium. Deshalb hat sich der Sonnentau im Laufe der Evolution auf den Fang kleiner Beutetiere spezialisiert. Die Pflanze besitzt zwar keine Nektardrüsen. Aber ihre glitzernden Leimperlen gaukeln vor allem Fliegen, Mücken und anderen Fluginsekten eine attraktive Nahrungsquelle vor. Ist das Opfer erst einmal auf den Trick hereingefallen, klebt es bereits mit Flügeln oder Beinen an den Tentakeln (gestielte Kleb- und Verdauungsdrüsen rund um die Blätter der Pflanze) fest. Fluchtversuche machen seine Lage nur noch schlimmer. Durch die Bewegung aktiviert, produziert die Pflanze noch mehr Fangleim und stößt ihn über ihre Tentakelspitzen aus. Gibt das Opfer seine Gegenwehr schließlich ermattet auf, rücken es die Tentakel zur Blattmitte hin, wo sich die Verdauungsdrüsen der Pflanze konzentrieren. Hier werden die Weichteile des Opfers langsam verflüssigt und die Verdauungsdrüsen transportieren jetzt die aus dem Tierkörper gewonnenen Nährstoffe in das pflanzliche Gefäßsystem. Sonnentaupflanzen sind sehr vielgestaltige Gewächse. Blatt- und Blütenfarbe und die Form der Blätter und Blütenstiele weichen erheblich voneinander ab. Es gibt ebenso Knollen bildende wie Ausläufer treibende Arten. Zwergsonnentauarten bilden winzige Rosetten von 6-8 mm Durchmesser, die größten Arten wie der Riesensonnentau, Drosera gigantea, bringen aufrechte Sprossen von bis zu einem Meter Höhe hervor. Obwohl die Gattung Drosera und 140 Arten zählt und auf allen Kontinenten zu finden ist, kommen in unserer Heimat nur Rundblätriger Sonnentau. D. rotundifolia, Mittlerer Sonnentau, D. intermedia, und Langblättriger oder Englischer Sonnentau, D.anglica, vor. Unsere heimischen Sonnentauarten findet man fast nur auf sehr nassen Moorboden Tropische Arten haben sich aber auch periodisch trockene Standorte erschlossen. Einige südafrikanische Sonnentauarten bilden bis zu 50 cm lange Wurzeln. Durch extreme Trockenheit oder Brände bedingt, sterben die Pflanzen mitunter oberirdisch ab. Mit ihren Speicherwurzeln können sie dann aber Monate überdauern, bis sie wieder austreiben. Aufgrund ihrer weit gestreuten geographischen Verbreitung und botanischen Besonderheiten ergeben sich für viele Sonnentau-Arten große Unterschiede in der Kultur. Die meisten im Handel erhältlichen subtropischen Arten vertragen zwar unsere normalen Sommertemperaturen, müssen dann aber bei 8-15°C im Haus überwintert werden. Für die Freilandkultur im Gartenmoor eignen sich eigentlich nur unsere drei erwähnten heimischen und einige nordamerikanische Arten. Eine Ausnahme macht hierbei der Gabelblättrige Sonnentau, Drosera binata, dessen Heimat Ostaustralien ist. Frostharte Sonnentau-Arten, die sich für das Gartenmoor oder ein Kleinmoor (s. „Gartenteich" 3/2001) eignen, sollen im Folgenden etwas vorgestellt werden:
Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia)
Die kleinen runden Blätter der Pflanze sind in einer wurzelständigen Rosette angeordnet und tellerartig etwas vertieft. Im Jugendstadium sind die Blätter meist grün und nehmen später, wenn sie der Sonne ausgesetzt sind, eine rötliche Färbung an. Im Mai/Juni bringt die Pflanze kleine weiße Blüten hervor, deren Blütenstiele aus der Mitte der Blattrosette wachsen. Im Gartenmoor braucht D. rotundifolia einen sonnigen, nassen Standort, der aber in heißen Sommermonaten auch einmal trocken fallen kann.
Mittlerer Sonnentau (Drosera intermedia)
Die Pflanze hat halb aufrecht stehende, längliche Blätter in einer Länge von bis zu 3,5 cm. Die weißen Blüten ähneln denen des Rundblättrigen Sonnentaus. D. intermedia braucht im Gartenmoor ebenfalls einen sonnigen Platz, der aber im Gegensatz zu D. rotundifolia stets sehr nass sein muss.
Langblättriger Sonnentau (Drosera anglica)
D. anglica hat große Ähnlichkeit mit D. intermedia. Die Pflanze wird aber viel größer; die Blätter können eine Länge von ca. 7,5 cm erreichen. D. anglica braucht einen sonnigen, immer nassen Standort.
Fadenblättriger Sonnentau (Drosera filiformis)
D. filiformis hat sehr dünne, fadenförmige Blätter, die sich, ähnlich wie bei Farnen, an der Spitze spiralartig zusammenrollen. Diese Sonnentau-Art ist an der Ostküste Nordamerikas beheimatet. D. filiformis wächst an feuchten, keinesfalls nassen Stellen. Staunässe muss also vermieden werden.
Gabelblättriger Sonnentau (Drosera binata)
Wie der Name andeutet, hat D. binata schmale, gabelartige Blätter. Obwohl die Pflanze ihre Heimat in Australien hat, gilt sie als frosthart. Man sollte sie allerdings im Frühjahr ins Gartenmoor einsetzen, damit sie im Laufe des Sommers mit ihren Wurzeln in tiefere Moorschichten vordringen kann. Sie bevorzugt mäßig feuchte Standorte in sonniger bis halbschattiger Lage. Neben den vorgestellten Sonnentau- Arten kommen auch immer wieder neue Kultur-Hybriden in den Handel, die winterhart sind und sich für ein Gartenmoor eignen. Viele Drosera-Arten lassen sich zudem durch Blattstecklinge oder Wurzelstecklinge vermehren. Die beste Zeit hierfür sind das späte Frühjahr oder der Frühsommer. Als Blattstecklinge wählt man junge, gesunde Blätter, die schon voll ausgebildet sind. Man trennt sie mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge von der Pflanze ab. Dann werden sie mit der Tentakelspitze nach oben flach in ein Substrat-Gemisch aus Torf und Sphagnum gebettet. Für die Vermehrung über Wurzelstecklinge eignet sich vor allem der Gabelblättrige Sonnentau, D. binata. Man schneidet etwa 3 cm lange Wurzelstücke von der Pflanze ab und drückt sie wiederum in ein Torf-Sphagnum-Substrat. Nach etwa einem Monat entwickeln sich daraus die neuen Pflanzen.