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Die Wasseroberfläche im Gartenteich - ein Lebensraum für Spezialisten


Wenn sich in unserem Gartenteich die Wolken und die Uferpflanzen im Wasser spiegeln, wird uns bewusst, dass wir am Schnittpunkt dreier Welten stehen. Wir betrachten die Wasseroberfläöche, jene magische Grenze zwischen Land, Luft und Wasser, und bewundern Wasserläufer, die sich rudernd und springend auf ihr bewegen, als ob sie festen Boden unter den Füßen hätten. Sehen wir genau hin, erkennen wir, dass sich dort, wo die Wasserläufer mit ihren dünnen Stelzbeinen auf die Wsseroberfläche treffen, kleine Mulden bilden. Sie können also wirklich über das Wasser laufen.

Die Wasseroberfläche - ein Lebensraum für Spezialisten

Die Insekten nutzen, wie noch eine Reihe anderer Kleintiere, eine besondere physikalische Eigenschaft des Wassers die Oberflächenspannung. Die Oberflächenspannung wird durch so genannte Adhäsionskräfte, in diesem Falle die Zusammenhaltungskräfte zwischen den Wassermolekülen, bewirkt. Unter Adhäsion (lat. „das Anhaften") verstehen wir das Haften flüssiger oder fester Stoffe aneinander (z.B. Tinte auf dem Papier oder Wassertropfen an der Fensterscheibe). Physikalisch betrachtet verhält es sich mit den Zusammenhaltungskräften zwischen Wassermolekülen aber etwas komplizierter. Im Inneren einer Flüssigkeit ziehen sich die Moleküle gegenseitig wie winzige Magnete an. Auf die Moleküle der obersten Grenzschicht hingegen wirken nur Kräfte, die sich ins Flüssigkeitsinnere richten und die Oberfläche neigt dazu, sich auf ein Minimum zu verringern. Aus diesen physikalischen Eigenschaften ergibt sich die Oberflächenspannung, ein flexibles, dünnes Häutchen, das sogar Gegenstände tragen kann, die aufgrund ihres spezifischen Gewichtes eigentlich untergeben müssten und die das auch tun, wenn sie nicht Wasser abstoßend und unbenetzbar sind. Kommt ein benetzbarer Gegenstand mit dem Wasserhäutchen in Kontakt, hebt es sich an und lässt ihn versinken. Ein nicht benetzbarer, Wasser abstoßender Gegenstand dagegen drückt mit seinem Gewicht die Wasseroberfläche ein. Er geht aber nicht unter, vorausgesetzt, dass sein Gewicht die Tragfähigkeit des dünnen Wasserhäutchens nicht übersteigt. Obwohl das Leben auf der gespannten Wasseroberfläche nicht unproblematisch ist, haben sich einige Tierarten im Laufe ihrer Entwicklung diesen besonderen Bedingungen angepasst.

Als wahre Oberflächenspezialisten erweisen sich hier die Taumelkäfer, Gyrinidae. Ihre abgeplatteten Mittel- und Hinterbeine wirken wie winzige Ruder. Die kleinen, ovalen Käfer erreichen damit rasante Geschwindigkeiten und kreisen auf ständig sich änderndem Kurs über die Wasseroberfläche. Ihre kurzen Vorderbeine, die als Greiforgane dienen, werden dabei in kleinen Vertiefungen an der Bauchseite verstaut, damit sie die Käfer beim Schwimmen nicht behindern. Bei den Taumelkäfern ist nur die schillernde Rückseite, nicht aber die Bauchseite Wasser abweisend. So tauchen die Tiere zur Hälfte ins Wasser ein und ihre Augen sind genau auf die Schnittstelle zwischen Wasser und Luft gerichtet. Die Augen der Käfer sind durch eine deutlich sichtbare Furche in einen Überwasser- und Unterwasserteil gegliedert, womit die flinken Insekten alle Vorgänge in der Luft und unter der Wasseroberfläche beobachten können.

Der Wasserläufer, ein häufig zu beobachtender Oberflächenspezialist, ergreift, wie der Taumelkäfer, die Beute mit seinen kurzen Vorderbeinen. Seine langen Mittelbeine sorgen für Vortrieb auf der Wasseroberfläche. Die ebenso langen Hinterbeine dienen als Steuer. Die nadeldünnen, abgewinkelten Beine des Wasserläufers wirken wie Ausleger eines Bootes. Sie scheinen den leichten Körper des Tieres fast mühelos über das Oberflächenhäutchen des Gewässers zu tragen. Betrachtet man die Füße des Wasserläufers unter dem Mikroskop, erkennt man allerdings erst, wie perfekt das Insekt für sein Leben auf der Wasseroberfläche ausgerüstet ist. Seine Beine sind mit einem dichten Haarfilz bewachsen, der von einem Wasser abweisenden, wachsartigen Sekret bedeckt ist. Die Klauen des Wasserläufers befinden sich nicht am Ende seiner Fußglieder, sondern liegen in einer Vertiefung, so dass sie das Oberflächenhäutchen des Wassers nicht durchstechen können. Auch der Körper des Wasserläufers ist mit einem dichten, Wasser abstoßenden Haarfilz bedeckt. Der Haarfilz an Körper und Beinen wird von den Tieren ständig und ausgiebig geputzt, denn sie sind nur dann unsinkbar, wenn ihr Haarkleid unbenetzbar bleibt. Die wundersame Fähigkeit, das Laufen über das Wasser, verdanken Wasserläufer natürlich auch ihren Körperproportionen und ihrem Minimalgewicht. Käme ein Mensch auf die bizarre Idee, es dem federleichten Wasserläufer nachzumachen und auf dem Wasserspiegel zu wandern, müsste er sich laut einer wissenschaftlichen Berechnung zuvor vier jeweils 18 Kilometer lange, eingefettete Skier anziehen. Problematisch wird das Leben für Wasserläufer und andere Tiere, die auf der Wasseroberfläche leben, wenn sie mit Fremdstoffen in Berührung kommen, die sie benetzbar machen oder die Oberflächenspannung des Gewässers reduzieren.

Ein paar Tropfen Öl oder Spülmittel können hier zur Katastrophe führen. Die Oberflächenbewohner werden in die Wasseroberfläche hineingezogen und ertrinken. Neben Wasserläufern gehen auch ihre Verwandten, Teichläufer der Gattung Hydrometra, mit sorgsam geputzten und eingefetteten Füßen über die Wasseroberfläche. Anders als die flinken Wasserläufer bewegen sie sich aber mit ihren dünnen Stelzbeinen beinahe vorsichtig auf dem Wasserspiegel. Sie scheinen sich auf den Blättern der Schwimmpflanzen weitaus wohler zu fühlen und das hat seinen Grund: Teichläufer haben nur an den Füßen und Unterschenkeln einen Haarfilz, so dass der übrige Körper leicht benetzbar ist. Im Gegensatz zu den Wasserläufern und Teichläufern nutzt der Rückenschwimmer die Spannung der Wasseroberfläche von unten. Auch er ist darauf angewiesen, dass sein dichter Haarfilz unbenetzbar bleibt. Der Haarpelz bedeckt allerdings nur seine Bauchseite. Dort befinden sich zwei Rinnen mit Luftblasen, die vom Haarfilz eingeschlossen werden. Diese Luftblasen geben der Bauchseite des Tieres einen starken Auftrieb und es schwimmt, wie sein Name besagt, auf dem Rücken. Wenn ein Rückenschwimmer auftaucht, um sich mit Sauerstoff zu versorgen, „hängt" er aber nicht an der Wasseroberfläche, er stützte sich vielmehr mit seinen Beinen an dem Oberflächenhäutchen ab. Sobald der Rückenschwimmer neue Luftbläschen mit seinem Haarfilz an der Bauchseite eingeschlossen hat, verschwindet er meist wieder von der Wasseroberfläche. Er besitzt jetzt einen kleinen Sauerstoffvorrat, mit dem er längere Zeit in tieferen Gewässerschichten überleben kann.

Neben den Rückenschwimmern gibt es noch eine Vierzahl von Tierformen, die die Wasseroberfläche vorübergehend aufsuchen. Stabwanzen und Wasserskorpione durchstoßen das dünne Wasserhäutchen von Zeit zu Zeit mit einem dünnen Atemröhrchen am Hinterleib. Die Larven der Waffenfliegen, Stratiomyidae, besitzen an ihrem verlängerten Hinterleib ein Atemröhrchen, an dessen Ende sich ein Kranz von Haarborsten beifindet. Es sind Bestandteile eines raffinierten Atemsystems. Die Larve hängt mit dem unbenetzbaren Haarkranz an der Wasseroberfläche. Taucht sie in tiefere Gewässerregionen ab, ziehen sich die Haarborsten blitzartig zusammen und schließen eine kleine Luftblase mit ein. Taucht die Larve wieder auf, wird zunächst der Rest des Luftbläschens an der Wasseroberfläche abgelassen. Das Bläschen durchbricht das dünne Oberflächenhäutchen und macht den Weg frei für die Öffnung des feinen Atemröhrchens. Die Larven der Schilfkäfer, Donacia aquatica, verschaffen sich auf indirektem Weg eine Verbindung zur Wasseroberfläche. Zur Sauerstoffversorgung bohren sie Pflanzen an und schließen ihr Tracheensystem an lufthaltiges Pflanzengewebe an. Die Weibchen einiger Kleinlibellenarten tauchen bei der Eiablage unter die Wasseroberfläche ab, um Schutz vor zudringlichen Männchen zu suchen. Mit Luftblasen um ihren Körper versehen, halten sich die Fluginsekten so bis zu einer Stunde unter Wasser auf. Bei einer Betrachtung über die Wasseroberfläche ist es eigentlich erstaunlich, dass es nur wenige Pflanzenarten gibt, die die besonderen Bedingungen an der Grenze zwischen Wasser und Luft zu nutzen wissen, wie etwa die Wasserlinsen, die meist ohne Bodenkontakt auf der Wasseroberfläche treiben. Im Gegensatz dazu macht man beim Anblick der Tiere, die sich auf dem dünnen Oberflächenhäutchen tummeln, verblüffende Entdeckungen. Man sieht sogar Kleintiere, die eigentlich Landbewohner und eher am sicheren Ufer zu vermuten sind. So haben sich beispielsweise einige Jagdspinnenarten (Pisauridae) erfolgreich dem Leben an der Wasseroberfläche angepasst. Ähnlich wie Wasserläufer können sie über das Oberflächenhäutchen laufen, ihre Beute verfolgen und sind bei Gefahr sogar imstande zu tauchen.


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