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Flohkrebse im Gartenteich

Flohkrebse näher betrachtet

Seeflöhe, Strandhüpfer, Flohkrebse, das sind Bezeichnungen für die Amphipoden, eine eigene Ordnung der niederen Krustentiere, Crustacea. Sie bewohnen fast jedes Süßwasser und Meerwasserhabitat. Einige Arten sind sogar ins Grundwasser und an Land vorgedrungen. Flohkrebse sind meist um 1-3 cm klein, aasfressende Tiefseearten können jedoch auch 30 cm Größe erreichen. In den vier Unterordnungen der Amphipoden (Gammaridea, Hyperiidea, Ingolfiellidea und Caprel- lidea) sind etwa 8000 Arten in über 1100 Gattungen beschrieben. Dem aufmerksamen Naturbeobachter sind vor allem die heimischen Bachflohkrebse der Unterordnung Gammaridea bekannt.

Körperbau und Merkmale

Der allgemeine Körperbau der Gammaridea ist dem der verwandten Asseln (Isopoda) recht ähnlich, die meisten anderen Amphipoden (Hyperiidea, Caprellidea) weichen mehr oder weniger davon ab. Die Augen sind unbeweglich und nur bei wenigen Arten reduziert. Ein Carapax ist bei diesen Krebsen nicht vorhanden. Das erste und manchmal das zweite Thoraxsegment können mit dem Kopf verschmolzen sein. Das Abdomen ist z.T. nicht deutlich vom Körper abgetrennt. Der Körper der Flohkrebse wirkt im Gegensatz zu den Asseln immer seitlich zusammengedrückt und die Beine sind immer unter dem Körper ausgerichtet. Bei Wasserasseln, die oft gemeinsam mit Flohkrebsen Vorkommen, sind die Beine seitlich vom Körper weg gerichtet und der Körper wirkt platt. Die ersten vier Beinpaare sind nach vorn, die hinteren drei nach hinten gerichtet. Insgesamt besitzen Flohkrebse schon fast ein garnelenähnliches Aussehen. Am Cephalothorax stehen zwei Antennenpaare, drei Paar beißende Mundgliedmaßen (Mandibel, Maxillula und Maxille) sowie der zum Kieferfuß umgewandelte erste Thoracopod. Zwischen den Thoracopoden befinden sich die Brustkiemen, ein einmaliges Merkmal unter den Krebsen. Der durchweg aus sechs Segmenten gebildete Hinterleib trägt zwei deutlich unterschiedliche Gliedmaßengruppen. Die vorderen drei Paare sind Pleopoden, d.h. zweiästige, vielgliedrige, dicht beborstete Schwimmbeine. Sie erzeugen auch in Ruhelage durch gleichmäßiges Schlagen den Atemwasserstrom unter dem Körper. Die hinteren drei wenig gegliederten, griffelförmigen und kaum beborsteten Beine fungieren als Sprunggabeln. Viele Flohkrebs-Arten können bis 30 cm und weiter springen, wodurch sie zu ihren deutschen Namen Flohkrebs oder Sandhüpfer gekommen sind.

Vermehrung

Alle Amphipoden-Arten sind getrenntgeschlechtlich. Männchen besitzen kräftigere Greiffüße und stärker beborstete Antennengeißeln, gelegentlich auch längere Uropoden, und sind immer größer als die Weibchen. Bei einigen Amphipodenarten wird das sexuelle Reifestadium durch anschwellende Augen und die Entwicklung chemischer Rezeptoren an den Antennen markiert. Jetzt schwimmen alle Männchen hektisch und suchen nach den Weibchen. Weibchen legen ihre Brutplatten schon lange vor der Reife an, jedoch sind sie erst bei der Reifehäutung voll entwickelt. Wie bei vielen niederen Krebsen (Copepoden, Asseln) finden wir eine Präkopula. Die Männchen greifen sich die Weibchen auch schon weit vor der Reifehäutung und halten sie mit den Gastropoden fest (Reiterstellung). Sobald sich das Weibchen häutet, dreht das Männchen dieses mit der Bauchseite um und stößt seinen Pleopoden mehrmals heftig zwischen die Brutplatten der Partnerin. Dabei wird die aus der Genitalpapille fließende Spermaflüssigkeit in das sogenannte Marsupium, deutsch: Brutbeutel, geleitet. Schon kurz darauf legt das Weibchen seine Eier in das Marsupium. Es findet demnach eine äußere Befruchtung statt. Bei einigen Strandamphipoden oder Sandhüpfern (Familie Talitridae) findet die Präkopula nicht statt und die Weibchen werden erst während der Reifehäutung ergriffen und begattet, da es energetisch schwierig ist, an Land ein zweites Tier mit sich herumzutragen. Bachflohkrebse haben eine Lebenserwartung von ca. einem Jahr, wobei sie im Alter von drei bis fünf Monaten geschlechtsreif werden. Die Anzahl der Eier hängt von der Weibchengröße ab, ist jedoch bei allen Arten nie sehr hoch (meist < 100 Stück). Bei Strandhüpfern schlüpfen die Nachkommen nach neun bis 24 Tagen. Kaltwasserarten benötigen längere Zeiträume, z.B. Pontoporeia affinis aus der Ostsee vier bis fünf Monate. Die fast voll entwickelten Jungtiere bleiben noch einige Tage im Marsupium des Muttertieres, bevor sie ins Freie entlassen werden. Bei höhlenbewohnenden Amphipoda - Arten beherbergen die sonst sehr territorialen Weibchen die Jungen zusätzlich noch einige Zeit in ihrer Wohnhöhle. ln den alten Brutbeutel wird nie eine zweite Brut abgesetzt. Es muss mindestens eine neue Reifehäutung, oft sogar eine zusätzliche Zwischenhäutung durchlaufen werden. Für die marine Amphipoden-Art Cyphocaris challengeri (Gammaridea, Lysianassidae) aus japanischen Gewässern in 200-400 m Tiefe wurden bei den Männchen elf und bei den Weibchen zwölf Entwicklungsstadien beschrieben, die ähnlich bei allen Gammaridea zu finden sind. Die Stadien 1-6 werden als Jugendstadien angesehen, wobei die Stadien 1-3 innerhalb des Brutbeutels der Weibchen durchlaufen werden. Die Stadien 7-9 (Männchen) bzw. 7-8 (Weibchen) sind Vorreifestadien, während die Männchen im Stadium 10-11 und die Weibchen in den Stadien 9-12 fruchtbar sind. Die Eier von Cyphocaris challengeri sind oval und 0,6 mm lang. Die Brutdauer dieser Art beträgt zwischen 20 und 65 Tage.

Lebensräume und Bauten

Die Flohkrebse haben aus dem Meer heraus die Küsten und das Süßwasser erobert. Die Gammariden sind vor allem Grundbewohner, nur wenige marine Gammariden sind pelagisch, leben also im Freiwasser. Die Talitridae und die Gammaridae sind die ökologisch vielseitigsten Amphipodengruppen, die sowohl Salzwasser, Süßwasser als auch Grundwasser- und Landlebensräume erobert haben. Für einige Gammaridea wurde nachgewiesen, dass sie über ihre Grabtätigkeit sulfidreiche Bodenschichten rekolonisieren können. In den Zonen der Grabtätigkeit dieser Amphipoden nimmt der Sauerstoffgehalt zu und der Sulfidgehalt ab. In der Folge können andere Organismen in diese sonst lebensfeindlichen Bodenschichten vordringen und neue Lebensräume erschließen.

Was fressen Flohkrebse?

Nur wenige Amphipoden scheinen räuberisch zu leben (Caprellidae). Die meisten Arten sind Pflanzen oder Detritusfresser. Einige röhrenbewohnende Arten treiben Wasser durch ihre Behausung und fangen das eindriftende Plankton. Viele Arten schrecken auch vor Aas nicht zurück. Schmarotzer sind selten. Nur wenige Amphipoden-Arten leben als Ektoparasiten auf Fischen (Trichizosoma spp.) oder Meeressäugern (Walläuse, Cyamus boopis, epidermisfressend am Buckelwal, Cyamus ovalis am Nordkaper). Der Meerflohkrebs Gammarus locusta von den europäischen Küsten frisst Pflanzen und nur z.T. kleinere Tiere. Unsere heimischen Bachflohkrebse (Rivulogammarus pulex, R. roeseli, R. fossarum) des Süßwassers sind Allesfresser, die jedoch sich zersetzende Pflanzen bevorzugen. Die Familie Lysianissidae (Gammaridea) lebt zum Großteil von Aas. Tote Wirbellose, aber auch Fische in Fischernetzen werden innerhalb einer Nacht in Massen befallen und skelettiert. Angehörige der Gattungen Pontoporeia, Bathyporeia und Haustorius (Familie Haustoriidae, Gammaridea) schaben nachts den organischen Belag von den Steinen.

Heimische Bachflohkrebse als Anzeiger der Wasserqualität

In Mitteleuropa zählen die Gammariden des Süßwassers zu den wichtigsten Konsumenten des in die Fließgewässer eingetragenen Falllaubes. Im Blätterdschungel kann man sie auch sehr leicht fangen, indem man der Reihe nach in einem Strömungsabschnitt die Blätter anhebt und einen kleinen Handkescher in die Strömung hält. Schnell tummeln sich die Flohkrebse im Netz. Rivulogammarus fossarum kann sogar Kiefernnadeln zersetzen, meidet jedoch Fichte. Unsere drei heimischen Süßwasserflohkrebse (Rivulogammarus pulex, R. roeseli, R. fossarum) treten teilweise periodisch in Massen in den ihnen zusagenden Gewässern auf. Sie reagieren völlig verschieden auf Änderungen der Wasserqualität. Alle drei Arten bevorzugen bestimmte Fließabschnitte der Gewässer. Der Quellflohkrebs, Rivulogammarus fossarum, hat z.B. seinen Verbreitungsschwerpunkt in den Bachoberläufen oberhalb 450 m ü.NN (Forellenregion). Rivulogammarus pulex der eigentliche Bachflohkrebs - lebt bevorzugt in den Abschnitten darunter von ca. 400 m ü. NN aufwärts. Ab 100 m NN, jedoch stärker ab 300 m ü. NN (Blei- und Barbenregion) ist vor allem der Flussflohkrebs Rivulogammarus roeseli zu erwarten. An den Übergängen sind immer Mischpopulationen von Bachflohkrebsen möglich. Die prozentuale Zusammensetzung der Arten der Population gibt Auskunft über die Wasserqualität. Wenn Bachflohkrebse jedoch in unseren kleineren Fließgewässern fehlen, ist etwas faul im Einzugsbereich (Gewässerverunreinigung). Als weitere nach Deutschland eingewanderte oder eingebürgerte Gammariden findet man im Schotterbereich der großen Flüsse den Süßwasserstrandfloh (Orchestia cavimana), in salzbelasteten Gewässern wie der Werra den aus Amerika stammenden Tiger-Flohkrebs (Gammarus tigrinus), den Granataugen-Flohkrebs (Chaetogammarus ischnus) sowie zwei Höckerflohkrebsarten der Gattung Dikerogammarus (D. villosus, D. haemobaphes). In Gartenteichen halten sich die Süßwasserflohkrebse auf Dauer nur, wenn diese stark vom natürlichen Fließwasser eines Baches im Haupt- oder Nebenschluss durchflossen werden. In kräftig laufenden künstlichen Bachläufen in höhergelegenen Regionen kann auch eine Ansiedlung versucht werden. Auch der künstliche Eintrag nützt da nicht viel. Am ehesten überlebt noch Rivulogammarus roeseli. Unsere Teichfische werden sich jedoch über die willkommene Krebsmahlzeit freuen. Das heißt natürlich, dass sich die Bachflohkrebs- und die Fischhaltung gegenseitig grundsätzlich ausschließen.


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