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Wasserskorpione im Kaltwasseraquarium & Gartenteich

Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Gartenteich

In meinem Kaltwasseraquarium leben dauerhaft zwei große Apfelschecken, eine Rote Malawikrabbe (Seserma bidens) und einiges an Kleinstgetier.
Zusätzlich ermöglicht es die genaue Beobachtung von Tieren aus einheimischen Gewässern. Die Bewohner aus kleinen Seen, Tümpeln sowie Bächen findet sich ja auch in unseren Gartenteichen mehr oder weniger häufig.

Ihr zeitlich begrenzter Besuch in meinem Aquarium lässt häufig völlig neue Verhaltensweisen erkennen, insbesondere bei Nacht.
In diesem Rahmen hatte ich kurzfristig zwei Wasserskorpione (Nepa rubra, früher auch als Nepa cinerea bezeichnet) einquartiert. Ich stellte fest, dass offensichtlich nur eine Seite dieser faszinierenden Räuber bekannt ist. Sie gehören zur Familie der Skorpionswanzen, die mit zwei Gattungen in Europa vertreten sind.

Bei uns zählt dazu zum einen die Stabwanze (Ranatra linearis), zum anderen der in Mitteleuropa recht häufig anzutreffende Wasserskorpion. Beide haben am Ende ihres Hinterleibes ein Atemrohr, und ihre beiden Vorderbeine haben sich im Lauf der Evolution zu kräftigen Fangbeinen umgewandelt. Diese und auch die restlichen zwei Beinpaare werden am flachen Körper seitlich abgespreizt getragen. Der Körper unter den Flügeln glänzt wie poliertes Kupfer. Ob die Tiere jedoch fliegen können, ist umstritten, zumindest zeigen sie es sehr selten. Die Larven des Wasserskorpions reifen von Juli bis August; nach der fünften Häutung sind die Tiere im Spätsommer bzw. im Herbst ausgewachsen und überwintern als Imago, teilweise in kleinsten Wasserstellen unterm Eis.

Ihre Jagdmethode wird in Fachbüchern beschrieben - jedenfalls das Tagverhalten. Der Räuber gelangt an seine Beute, indem er gut getarnt in der Vegetation oder im Schlamm sitzt und abwartet, bis ein potenzielles Opfer den Weg der Wasserskorpione kreuzt. Ist es nahe genug, packen die Fangbeine blitzschnell zu. Es gibt kein Entkommen mehr. Mit einem Stachel am Kopf wird der Beute Gift injiziert, etwas später wird diese ausgesaugt.

In der Literatur wird das Fehlen von Schwimmborsten an den Beinen für ein eher langsames und unbeholfen wirkendes Schwimmen der Wasserskorpione verantwortlich gemacht. Und richtig - am Tage bewegen sie sich in der Tat gemächlich paddelnd. Doch sobald es richtig dunkel ist, ändert sich das gemäßigte Verhalten der räuberischen Wanze ins Gegenteil. Da mir bisher keine solche Beschreibung bekannt ist, war ich entsprechend erstaunt, als ich sah, wie die Wasserskorpione aktiv auf die Jagd gehen und wie schnell sie dabei plötzlich schwimmen können.


Sie erreichen dies, indem sie (im Gegensatz zum Tagesverhalten) beide Beinpaare synchron bewegen und sie in kräftigen Zügen nach hinten wegstoßen. Die Tiere sind wie ausgewechselt und stürzen sich auf ihren ausgedehnten Raubzügen auf alles, was sich bewegt. Sie sind nicht bereit, ihr Fanggut wieder loszulassen, während sich am Tage ein Tier dem Wasserskorpion schon recht auffällig nähern muss, damit er aus seiner Ruhe gerissen wird und zupackt. Teilweise passiert dies sogar erst dann, wenn es seine Zangen berührt.

Jetzt, in der Nacht, bleiben sie keine Sekunde ruhig, beim schnellen Durchstreifen des Wassers bleibt kaum Zeit zum Luft holen. Nur ganz kurz wird das Atemrohr, das aus zwei länglichen Elementen besteht und am Hinterleib sitzt, an die Oberfläche gehalten.
Eines Nachts weckte mich ein ungewöhnliches Plätschern. Es musste aus dem Aquarium kommen. Die Oberfläche schlug Wellen und einige Wurzelstücke waren nicht mkehr an ihrem gewohnten Platz.

Einer der Wasserskorpione, vermutlich das etwas kleinere Männchen, versuchte die Krabbe zu überwältigen. Obwohl diese mehr als doppelt so groß wie der Angreifer war, wehrte sie sich vergeblich. Drei Beine waren fest von den Skorpionsscheren umklammert! So war es äußerst mühsam, die beiden zu trennen.
Am Tage ist es einfach, einen Wasserskorpion mit der Hand zu fangen. Nachts jedoch ist es aufgrund seiner gesteigerten Aggressivität sehr schwierig. Dann sticht er sofort, und das ist für Menschen zwar ungefährlich, aber recht schmerzhaft.


Schließlich war es mir ungelegnen, die beiden Wanzen unverletzt aus dem Aquarium zu nehmen und in ein separates Becken umzuquartieren. Die Malawikrabbe sollte doch noch etwas leben.
Morgens, war der Spuk wieder vorbei und die Räuber kehren zu ihrem bereits bekannten Verhalten zurück, eher unbeweglich lauernd Beute zu machen.

In den paar Tagen, die die Skorpione im Aquarium verbrachten, war mir schon der in der kurzen Zeit arg dezimierte Bestand an Mückenlarven und anderen Kleinlebewesen aufgefallen. So hegte ich bereits einen leichten Verdacht in Bezug auf ein unterschiedliches Jagdverhalten. Nun hatte ich aber genug gesehen und brachte die Wasserskorpione wieder zurück in ihren heimatlichen Tümpel. Vielleicht finden einige von ihnen noch den Weg in einen Gartenteich, wo sie ebenfalls dazu beitragen, dass die Mücken in nicht gar zu großer Zahl über uns herfallen können.


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