Artenschutz im und am Gartenteich
Feuchtwiesen und Sumpfflächen, Teiche und Tümpel erbringen wirtschaftlich keine oder nur geringe Erträge. Das Bemühen um eine intensive landwirtschaftliche Grünlandnutzung führte dazu, solche Flächen zu entwässern. Teiche und Tümpel wurden zugekippt, Flüsse umgeleitet, in künstliche Bahnen gelenkt und viele Bäche wurden kanalisiert und überbaut. Erst spät berücksichtigte man, dass solche Flurbereinigungen und die intensive Düngung von Grünflächen zu einer starken Verringerung der heimischen Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren beigetragen haben.
Heute, ca. 50 Jahre danach, ist der Naturschutzgedanke fest im Bewusstsein der Menschen und auch gesetzlich verankert. Immer mehr feuchtgebiete und Wasserflächen werden als Naturschutzgebiete ausgewiesen und teilweise mit viel Aufwand zu solchen renaturiert. Ziel ist ein Erhalt der heimischen Stauden und der Schutz von heimischen Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind. Gerade die Lebensräume im und am Gartenteich sind für die Kultivierung selten gewordener Pflanzenarten ideal. Zu diesem Artenschutz kann jeder Gartenbesitzer einen wichtigen Beitrag leisten, denn zum Beispiel in NRW ist die Fläche der Haus- und Kleingärten etwa doppelt so groß wie die der Naturschutzgebiete. Dieser Artikel stellt Ihnen die attraktivsten heimischen Stauden vor und beschreibt die Lebensbedingungen dieser Pflanzen. Sie erhalten Anregungen, wie Sie einen Gartenteich und das Umfeld naturnah anlegen können und was Sie planerisch berücksichtigen sollten. Mit der Gestaltung eines naturnahen Wassergartens bieten Sie auch bedrohten Tierarten geeignete Überlebensräume.
Bedingungen für einen naturnahen Gartenteich
Grundsätzlich sollten naturnah gestaltete Gartenteiche eine große Flachwasserzone besitzen. Hier wachsen die schönsten heimischen Stauden Kröten und Molche benutzen diese Zonen bevorzugt als Ablaichplätze. Solche großzügigen Flachwasserzonen lassen sich jedoch nur dann formen, wenn der Gartenteich mindestens 8 m2 Größe besitzt. Naturnah angelegt ist ein Gartenteich für mich dann, wenn die Flachwasserzone, besser noch die gesamte Fläche, mit Erdreich abgedeckt ist und sich die Bepflanzung ausbreiten kann. Folien- und Kübelansichten passen nicht zum Thema „naturnah". Der Nachteil einer durchgängigen Erdschicht ist die stärkere Ausbreitung der Pflanzen, die dann regelmäßige Teicharbeiten nach sich zieht. Positiv gesehen, erhalten Sie viele Ableger. Auch hier gilt die Regel, dass etwa zwei Drittel der Wasserfläche frei und unbepflanzt bleiben sollten. Größere Gartenteiche bieten mehr Gestaltungsmöglichkeiten und erlauben auch die Bepflanzung mit höheren Stauden wie Rohrkolben und Blumenbinse. Auch an einem kleineren Gartenteich lassen sich viele Wildstauden pflanzen, und gerade Molche bevorzugen kleinere Teiche zum Ablaichen, wenn sie eine heimische Bepflanzung aufweisen. Wichtig ist, dass die Randzonen des Gartenteichs so gestaltet sind, dass Amphibien leicht ins Wasser und aus dem Wasser gelangen können. Denn Kröten und Molche verlassen auch in der Laichzeit nachts, meist bei Regen, den Gartenteich, um im Umfeld auf Nahrungssuche zu gehen. Da versteht es sich von selbst, dass in einem solchen Wassergarten nur biologische Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel mit viel Bedacht zum Einsatz kommen können. Am besten, Sie verzichten erst einmal ganz darauf. Die meisten heimischen Pflanzen sind robust und sehr widerstandsfähig gegen Schädlingsbefall.
Das Teichumfeld
Das Teichumfeld sollte in erster Linie Tieren Nahrung, Schutz und Versteckmöglichkeiten bieten. Kröten und Molche benötigen Überwinterungsplätze im feuchten Erdreich, im Kompost oder unter größeren Steinen. Auch in Totholzhaufen oder unter alten Baumstümpfen bieten sich gute Nachtquartiere für Amphibien an. Eine Intensive Gartenteichpflege stört eher die biologischen Abläufe und zu einem naturnahen Gartenteich passt „Wild- wuchs". Auch hier sind aber Wildkräuter wie Giersch, Quecke und Ackerwinde zu entfernen. Eine naturnahe Bepflanzung zeigt jedoch nach 2-3 Jahren einen geschlossenen Charakter. Es sollen sich dauerhafte Pflanzengemeinschaften bilden. Eine angrenzende Wildwiese, nur zweimal im Jahr gemäht, schafft Schutz und bessere Lebensbedingungen als Rasen.
Die Artenvielfalt
Haben Sie keine Sorge, dass das Sortiment heimischer Pflanzenarten zu begrenzt ist. Sie werden erstaunt sein, welche Möglichkeiten sich Ihnen bieten, und sie haben auch hier die Qual der Wahl. Es ist eine besondere Herausforderung, im Garten nur Heimisches anzupflanzen. Aber es ist schon richtig, Sie müssen mit Bedacht pflanzen. Die Aufgabe ist schwieriger zu bewältigen und erfordert einigen Sachverstand. Sie müssen die unterschiedlichen Lebensbereiche und Ansprüche der heimischen Stauden berücksichtigen und ihre Vitalität bedenken. Unter solcher Berücksichtigung wird Ihr Wassergarten zu einer blühenden kleinen Naturlandschaft. Als Ergebnis werden sich viele Tiere, Vögel, Insekten und andere Gliederfüßer in Ihrem Garten wohlfühlen. Es bestehen Symbiosen zwischen heimischen Wildstauden und heimischen Tieren. Wildstauden blühen und bilden Früchte. Nektar, Pollen und die Samen sind bekannte Nahrungsquellen für heimische Insekten und andere Tiere. Seltene Amphibien und Libellen stellen sich meist nur dann ein, wenn eine bestimmte heimische Pflanzenart und Staudenarchitektur im Gartenteich vorhanden ist.
Der Reiz von Arten
Arten sind Naturformen, die nicht durch menschliche Züchtung bearbeitet wurden. Sorten sind Züchtungen und besitzen einen Namen. Das Ziel der Züchter ist es, durch Kreuzungen neue Farbtöne und größere Blüten zu erzielen. Meist zeigen solche Züchtungen unter dem Aspekt des „biologischen Wertes einer Staude" Nachteile im Vergleich mit der Art. Die Sibirische Schwertlilie, Iris sibirica, die noch in Irisried am Bodensee wild vorkommt, ist sehr zierlich und blütenreich. Die Blütenstängel sind reich verzweigt, die wunderschön gemusterten Blüten sind jedoch kleiner als Züchtungen mit dieser Art. Jede Blüte fruchtet und zeigt damit an, dass Hummeln sie bevorzugt zur Pollensuche aufgesucht haben. Züchterisch ist es gelungen, die Blütengröße und -farbe dieser Art zu verändern, die Verzweigungen der Stängel und der Blütenreichtum haben jedoch gelitten. Die Wildform von Iris sibirica wird nur selten im Handel angeboten und ist schwierig zu beschaffen. Sie ist vom Aussterben stark bedroht und nur wenige Spezialgärtnereien führen sie in ihrem Sortiment.
Ausbreitung und Vitalität heimischer Stauden
Grundsätzlich ist die Vermehrung und Ausbreitung von heimischen Wildstauden stark, teilweise sogar so stark, dass nicht jede Staude für den Garten empfohlen werden kann. Hüten sie sich davor, den Teichschachtelhalm anzupflanzen, denn sie werden seiner im kleinen Teich nicht mehr Herr. Gleiches gilt für Schilf, viele Simsen, Seggen und mit Einschränkungen auch für den Tannenwedel. Sie passen wegen ihres Ausbreitungsdranges nur in sehr große Naturteiche mit 50 m2 Wasserfläche und mehr. Aber es gibt auch ausgesprochene Raritäten und Spezialisten unter den Wildstauden, die bei gelungener Ansiedlung am Gartenteich das Besondere ausmachen. Die Ausbreitung dieser geschützten Arten erfolgt nur sehr langsam und ist dann der Stolz des erfolgreichen Naturgärtners. Alle Wildstauden bilden Samen, über die sie sich auch unkontrolliert ausbreiten können. Das kann zu einem Problem im Naturgarten werden. Der naturnahe Wassergarten verändert von Jahr zu Jahr sein Gesicht. Sie greifen dann zielbewusst ein, wenn Sie eine Dominanz bestimmter Stauden verhindern möchten. Auch ein naturnah gestalteter Gartenteich macht Arbeit.
Naturschutz und Pflanzenbeschaffung
Viele der heimischen Wildstauden für den Wassergarten sind nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützte oder streng geschützte Arten. Das heißt, dass eine Entnahme, ein Pflücken oder ein Ausgraben aus der Natur generell unter Strafe gestellt ist. Gleiches gilt für alle Pflanzen, die in Naturschutzgebieten wachsen. Die „Roten Listen" einzelner Bundesländer sind noch genauer und beschreiben die Gefährdungsstufen der bedrohten Pflanzen in den einzelnen Regionen. Unsere heimische Gelbe Wasserschwertlilie (Iris pseudacorus) ist in der freien Natur eine geschützte Art. Sie wird aber, wie viele andere heimische Stauden auch, häufig in Gartencentern und Wassergärtnereien angeboten.Solche Pflanzen stammen nachweislich aus Vermehrungsbetrieben.Auch ein Tausch von Garten zu Garten verstößt nicht gegen die bestehenden Verordnungen. Schwieriger ist die Beschaffung von geschützten Stauden, die in der „Roten Liste" in die Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) oder 2 (stark gefährdet) fallen. Aber auch hier hat die gesteigerte Nachfrage nach seltenen heimischen Pflanzen dazu geführt, dass sich einige Firmen auf die Vermehrung und Vermarktung dieser Wildstauden spezialisiert haben. Gerade dabei ist jedoch zu bedenken, dass solche Stauden meist ausgesprochene Spezialisten sind, die sich nur unter idealen Lebensbedingungen erfolgreich kultivieren lassen. Diese Bedingungen müssen vor der Anschaffung am Gartenteich hergestellt werden.
Naturschutz bei heimischen Amphibien
Alle heimischen Frösche, Kröten und Molche stehen unter Naturschutz, auch die Larven. Sie dürfen aus der Natur nicht entfernt und umgesiedelt werden. Wenn Sie in einem weniger dicht besiedelten Gebiet wohnen und Naturflächen in der Nähe vorhanden sind, dann stellen sich diese wünschenswerten Gäste auf ihrer nächtlichen Wanderschaft aber schnell von alleine ein. Wenn nicht, dann sind die Lebensbedingungen des Umfelds für diese Tiere auch nicht geeignet. Sie werden dann aber trotzdem an Libellen (geschützt!) und verschiedenen Wasserkäfern Freude finden. Im Zoofachhandel werden häufig asiatische Arten von verschiedenen Amphibien angeboten. Verzichten Sie auf einen solchen Kauf und eine Ansiedlung in Gartenteich, denn mögliche Kreuzungen mit unseren heimischen Arten tragen zu einer Faunenverfälschung bei. Solche fremdländischen Tiere sind für eine Haltung im Aquarium oder Terrarium gedacht.
Fischbesatz
Viele Gartenteichbesitzer finden einen Teich nur dann interessant, wenn Fische im Wasser zu beobachten sind. In einem naturnah gestalteten Gartenteich müssen Sie nicht auf Fische verzichten, aber die Auswahl ist gering. Denn es passen dann nur Moderlieschen oder Bitterlinge. Sie sind deshalb ein geeigneter Besatz, da diese Fische einheimisch sind, klein bleiben und keine Laichräuber sind. Die Bitterlinge stehen unter Artenschutz und sind vom Aussterben bedroht. Sie sind für ihre Vermehrung auf das Vorhandensein der ebenfalls geschützten Teichmu- scheln angewiesen. Die Eier des Weibchens werden über eine Legeröhre in die Teichmuschel eingeschleust. Als Gegenleistung verbreitet der Bitterling (aber nicht nur er) die jungen Teichmuscheln, die sich an seinen Kiemen festsetzen. Eine seltene und interessante Symbiose. Ein Problem ist es, heimische und keine asiatischen Bitterlinge zu erwerben. Das größere Problem ist es aber, den Teichmuscheln ein dauerhaftes Überleben im Gartenteich zu ermöglichen. Wenn Sie wenig Lust verspüren, sich sachkundig zu machen, dann nehmen Sie besser Moderlieschen als Fischbesatz. Beide Fischarten werden nicht überall angeboten. Das liegt auch daran, dass sie in der Aufsicht gut getarnt und somit schlecht sichtbar sind, damit aber vor Feinden aus der Luft (Graureiher) geschützt sind. Wenn sie den Kompromiss suchen, dann empfehle ich Ihnen die Goldelritze. Das ist eine rote Züchtung, die deshalb gut sichtbar ist. Sie räubert kaum den Kröten- und Molchlaich. Grundsätzlich können Sie in einem naturnahen Gartenteich aber auf einen Fischbesatz verzichten. Libellenlarven und Wasserkäfer sorgen schon dafür, dass Mückenlarven im Gartenteich nicht Überhand nehmen. Sie haben dann auch die Chance, Wasserflöhe dauerhaft an- zusiedeln, die für klare Wasserverhältnisse sorgen und eine wichtige Nahrungsquelle für Klemtiere im Wasser sind.
Wasserspiele und Licht
Wasserspiele passen nicht zu einem naturnah gestalteten Gartenteich. Passend wäre höchstens ein ergänzender Bachlauf. Und nachts ist es eben dunkel am naturnahen Teich. Mit einer Taschenlampe bewaffnet lohnt sich jedoch eine nächtliche Besichtigung. Insbesondere im Frühjahr können Sie dann Erstaunliches beobachten. Schauen Sie genau, wohin Sie treten, denn ein naturnah gestalteter Wassergarten lebt besonders in der Nacht!